Ich war circa 16 Jahre alt, als mir ein Bekannter von seinem Karatetraining
erzählte und gleich mal ein Buch mitgab. Ich war interessiert und ging ein paar Tage später zum Probetraining. Einerseits
schien mir das Training als etwas Neues, anders als die bisherigen
Ballsportarten, welche ich bis dahin mit mehr oder weniger Interesse betrieb.
Andererseits waren Anfang der 1990er Kampfsportfilme der große Renner, in den Videotheken
gab es dafür eigene Regale und in den Kinos zeigte Jean Claude van Damme
regelmäßig sein Können. Zusammen mit meinem Bruder ging ich ab dann zum
Training. Eine Sporthalle im Süden der Stadt, zwei Trainer, teilweise bis zu 70
Kinder und Jugendliche. Die Grundregeln hatte man schnell verinnerlicht:
Begrüßung, Verabschiedung, knien, verbeugen, Kommandos und zählen auf
Japanisch, bei Verfehlungen Liegestütze oder Hockstrecksprünge. Zuhause wurden
die blauen Bücher von Albrecht Pflüger gelesen, Spagat geübt und gegen die
Hängelampe gekickt. Das Training bereitete Spaß, konnte aber auch gut an die
jeweilige Motivation angepasst werden. War die Motivation geringer, stellte man
sich in eine der hinteren Reihen, bei bis zu 70 Teilnehmern kein Problem nicht
aufzufallen. War die Motivation gar nicht da, kamen das "schlechte"
Wetter und die "weite" Fahrt sehr entgegen, das Training auch
mal ausfallen zu lassen. Mit der Entscheidung das Abendgymnasium zu besuchen hatte
sich das Thema dann erledigt, es war schlichtweg keine Zeit mehr. Knapp über
zwei Jahre Training fanden ihr Ende und es war ok. Bei Umzügen wurde nicht mehr
alles mitgenommen, im Laufe der Jahre verschwanden die Bücher, Urkunden und
Budopass.
25 Jahre später kam meine 9jährige Tochter mit einem Infoblatt nach
Hause. Der PSV Olympia trainiert in der Schulsporthalle eine neue Karatetrainingsgruppe
für Kinder. Das Probetraining gefiel ihr und sie blieb. Zeitlich bedingt konnte
ich nur hin und wieder mal vorbeischauen, aber es löste eine Spannung aus. Die
erste Kata, Taikyoko Shodan, kannte ich noch auswendig, ein paar japanische
Begriffe und Zahlen waren schnell entschlüsselt. Es kribbelte. Der Trainer wurde
inzwischen schon auf eine Erwachsenentrainingsgruppe angesprochen, eine Weile später
war es dann soweit: eine Erwachsenengruppe wurde eröffnet. Von nun an trafen
sich fünf bis sieben Erwachsene (fast alle Elternteile aus der Kindergruppe) am
späteren Donnerstagnachmittag zum Training. Und es machte von Anfang an Spaß!
Zwar fehlten nach 25 Jahren Sportabstinenz die Beweglichkeit, Dehnung,
Koordination und Ausdauer, aber egal. Ein einfacher Karateanzug (Gi) wurde
gekauft und schon war man wieder dabei, und das mehr als zuvor. Mittlerweile
ist unsere Trainingsgruppe etwas angewachsen. Das Training findet inzwischen 2x
pro Woche statt und bis zu 19 Personen kommen mittlerweile, der größere Teil
davon regelmäßig. In unserer Familie trainieren inzwischen meine beiden Kinder
und ich und Karate ist ein nicht unwichtiger Punkt in der Wochen- und
Wochenendplanung geworden.
Habe ich als Jugendlicher das Training als reinen Freizeitsport angesehen, ist es heute in kurzer Zeit ein wichtiger Teil meines Lebens geworden. Ich lasse eigentlich kein Training ausfallen, es sei denn dass es krankheitsbedingt mehr schadet als nutzt. Und auch dass ist jedes Mal ein inneres hin und her, ob es nicht vielleicht doch geht. Zum Training gehören Schweiß und blaue Flecken, der Gi (Karateanzug) wird gepflegt und in bestimmter Weise zusammengelegt, der Obi (Gürtel) wird korrekt gebunden, Lehrgänge fließen in die Wochenendplanung mit ein. Literatur rund um das Thema Karate füllt nach und nach das Regal.
Ich bin erst am Anfang. Wohin mich dieser Weg führt, weiß ich noch nicht. Aber ich hoffe recht weit, ich habe ich Lust darauf...
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